Theoretisch denkbar, aber praktisch so gut wie ausgeschlossen ist, dass der Schulleiter von Amts wegen eine Zurückstellung ausspricht, d.h. man muss in Niedersachsen regelmäßig selbst einen Antrag auf Zurückstellung stellen, um ein Verwaltungsverfahren einzuleiten.
Bei der Einschätzung, ob Schulreife vorliegt, ist der Schulleiter weitgehend frei. In der Praxis bedient er sich natürlich der Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung, muss sich daneben aber natürlich auch selbst ein Bild des Kindes machen. Und er muss natürlich auch die Privatgutachten der Eltern (Stellungnahme des Kindergartens, Ergotherapeut usw.) berücksichtigen.
In Niedersachsen ist der Missbrauch sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs anlässlich der Einschulung aus meinen Erfahrungen besonders problematisch: Viele Schulleiter versuchen, sich die Argumente der Eltern zu eigen zu machen und die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf einzuschulen, anstatt diese zurückzustellen, um an zusätzliche Ressourcen zu gelangen. Für das betroffene Kind stellt sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf (das vormalige Behindertenrecht) eine erhebliche Stigmatisierung dar und, wurde sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf festgestellt, wird man diesen kaum wieder los – auch wenn die Schulen anderes versprechen (siehe ausführlich zum Thema meine Website: www.sonderpädagogischer-förderbedarf-inklusion.de).
Kurzum: Solche Anträge auf Zurückstellung von der Schule zu stellen, ist alles andere als einfach, weil man so viel vortragen muss, dass eine Zurückstellung in Betracht kommt, allerdings aufpassen muss, dass es nicht so viel wird, dass die Schule plötzlich das Kind in den sonderpädagogischen Förderbedarf drängen möchte. Hier kann man schnell gravierende Fehler begehen, die dann nachträglich schwer zu korrigieren sind, wenn sie schriftlich niedergelegt wurden.
Weitergehende Informationen zu diesem und allen anderen wichtigen schulrechtlichen Themen finden Sie auch auf meiner neuen Website anwalt-fuer-schulrecht.online.